Enger Markt beeinflusst die Nachfrage

Während der Pandemie war eine gesteigerte Nachfrage nach geräumigeren Wohnungen zu beobachten. Allerdings hat sich diese Entwicklung nach dem Ende der Pandemie nicht umgekehrt. Eine mögliche Erklärung dafür liegt im schrumpfenden Mietwohnungsmarkt.

Ein Zimmer mehr

Die Covid-Pandemie verhalf dem Homeoffice zum Durchbruch. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass die Nachfrage nach kleinen Mietwohnungen (1 bis 2,5 Zimmer) tendenziell abnahm, jene nach mittleren Mietwohnungen (3 bis 4,5 Zimmer) dagegen anstieg (vgl. Abbildung 1). Nach dem Abflauen der Pandemie beorderten viele Unternehmen ihre Mitarbeitenden wieder zurück ins Büro. Und auch viele Arbeitnehmenden waren froh, an den Arbeitsplatz zurückkehren zu können. Wie bei anderen von Corona ausgelösten Trends wäre deshalb zu erwarten gewesen, dass sich die Nachfrageindizes für kleine und mittlere Mietwohnungen ab Mitte 2021 wieder annähern. Die Indexentwicklung zeigt aber, dass sich die Nachfrage nach «einem Zimmer mehr» bis heute erstaunlich gut gehalten hat.

Keine Trendumkehr

Natürlich besteht in vielen Unternehmen weiterhin die Möglichkeit, seine Arbeit von zu Hause aus zu verrichten, und sei es nur für einen oder zwei Tage pro Woche. Dennoch haben sich andere Trends, die sich während der Pandemie beobachten liessen wie beispielsweise die verstärkte Wohnungsnachfrage ausserhalb der grossen Zentren oder die erhöhte Nachfrage nach Wohneigentum –, wieder weitgehend zurückgebildet. Nicht so die Nachfrage nach geräumigeren Mietwohnungen.



Neue Erklärung

Das Bundesamt für Statistik BFS lieferte jüngst eine neue mögliche Erklärung für diese ungewöhnliche Entwicklung. Die im Oktober publizierten Zahlen zu den Privathaushalten nach Haushaltsgrösse 2022 zeigen die Verstärkung eines Trends, der bereits im Vorjahr zu beobachten war: eine Abschwächung des Wachstums bei den Kleinhaushalten (1 bis 2 Personen) und eine deutliche Beschleunigung des Wachstums bei den Haushalten mit 3 oder mehr Personen (vgl. Abbildung 1). Das deutet darauf hin, dass die Nachfrage nach geräumigeren Wohnungen in den letzten Monaten nicht nur getragen wurde vom Bedürfnis nach einem Zimmer mehr, sondern dass die Anzahl grösserer Haushalte mit einem entsprechenden Zimmerbedarf tatsächlich wieder zunimmt.



Folge des knappen Angebots

Wüest Partner hat diese Entwicklung in der Herbstausgabe des Immo-Monitorings 2024/1 aufgenommen und kommentiert. Unter dem Titel «Angebot formt Nachfrage» vermuten die Autoren: «Das knappere Wohnungsangebot in Kombination mit den steigenden Mieten zwingt viele Menschen, die einen neuen Haushalt gründen möchten oder müssen, dazu, statt alleine mit anderen Menschen zusammenzuwohnen.» Und auch die Ökonomen von Raiffeisen Schweiz schreiben in ihrer neuesten Immobilienmarktstudie: «Die sich verschärfende Knappheit und die deshalb bereits spürbar anziehenden Mieten haben einem weiteren Fortschreiten der Individualisierung nun aber einen Riegel geschoben.» Die Nachfrage nach grösseren Wohnungen wäre demnach heute nicht in erster Linie eine Folge der wachsenden Raumbedürfnisse wie während Corona, sondern eine Konsequenz des sich verengenden Mietwohnungsmarktes.



Auswirkungen auf die Zahlungsbereitschaft

Die Neubewertung des Wohnens während der Pandemie hatte zur Folge, dass nicht nur die Raumbedürfnisse der Nachfrager angestiegen sind, sondern auch deren Zahlungsbereitschaft («Gestiegene Wohnansprüche»). Stellt sich die Frage, wie sich die Zahlungsbereitschaft verändert, wenn die Nachfrage nach geräumigeren Wohnungen nicht mehr von den steigenden Raumbedürfnissen herrührt, sondern von Haushalten, die quasi gezwungenermassen zusammenziehen.

Eine Auswertung der entsprechenden Veränderungen in der Gemeinde Langenthal – oft als Schweizer Durchschnittsgemeinde bezeichnet – zeigt ein interessantes Bild. Seit dem Höhepunkt der coronabedingten Nachfragetrends im Mai 2021 hat sich die Nachfrage nach Kleinwohnungen (1 bis 2,5 Zimmer) in Langenthal weiter reduziert, während die Nachfrage nach Wohnungen mit 3 und mehr Zimmern angestiegen ist. Auch die Zahlungsbereitschaft für alle Wohnungsgrössen hat sich tendenziell erhöht (vgl. Abbildung 2) – jene für Kleinwohnungen allerdings überdurchschnittlich.

Was zu beweisen war

Wie passt das mit der oben geäusserten Vermutung zusammen, dass die Nachfrage nach geräumigeren Wohnungen vor allem von Haushalten getragen wird, die sich allein keine Kleinwohnung mehr leisten können und deshalb zusammen auf Wohnungssuche gehen? Augenscheinlich gut, denn wenn der Rückgang der Nachfrage bei den Kleinwohnungen tatsächlich auf diese Entwicklung zurückgeführt werden kann, würde das bedeuten, dass die verbleibenden Nachfrager jene mit einer höheren Zahlungsbereitschaft sein müssten. Im Zeitvergleich sollte die Zahlungsbereitschaft für Kleinwohnungen deshalb überdurchschnittlich steigen. Die beobachteten Veränderungen bei der Zahlungsbereitschaft sprechen also für die von Wüest Partner und Raiffeisen Schweiz vermuteten Anpassungsprozesse. Der engere Wohnungsmarkt scheint die Nachfrage in der Tat zu beeinflussen. wäre demnach heute nicht in erster Linie eine Folge der wachsenden Raumbedürfnisse wie während Corona, sondern eine Konsequenz des sich verengenden Mietwohnungsmarktes.



Ausblick

Betrachtet man die beiden Hauptgründe für die sich verändernden Raumbedürfnisse der Mietwohnungsnachfrager, wird klar, dass eine Wiederannäherung der beiden Indizes in Abbildung 1 nicht in Kürze zu erwarten ist. Denn sowohl das Homeoffice als auch die Wohnungsknappheit dürften uns noch eine Weile in die Zukunft begleiten.

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