Die Angebotspreise in einzelnen Mietwohnungsmärkten haben ein Niveau erreicht, das nur noch ein kleiner Teil der Wohnungssuchenden zu bezahlen vermag. Entsprechend verringert sich die Nachfrage in Hochpreisregionen.
Auswirkungen hoher Angebotsmieten
In unseren Blogbeitrag von Juni 2024 («Günstig wohnen auf Kosten der Suchenden») haben wir aufgezeigt, wie gross die Unterschiede zwischen den Angebots- und den Bestandsmieten in der Stadt Zürich inzwischen geworden sind. Auch haben wir dargelegt, wie diese Unterschiede zu einem Lock-in-Effekt führen, der die Mieter einer bezahlbaren Wohnung daran hindert, sich eine neue Bleibe zu suchen, selbst wenn sich die Lebensumstände verändern. Die hohen Angebotsmieten haben aber noch andere Auswirkungen. Sie führen zum Beispiel dazu, dass sich die Mietwohnungsnachfrage in den Hochpreisregionen deutlich schlechter entwickelt als in Regionen mit bezahlbareren Mietpreisen.
Teure Grosszentren
Ein Blick auf die Angebotsmietpreise und die Entwicklung der Nachfrage in den Schweizer Grossstädten verdeutlicht diese Aussage. Die mittleren Quadratmeterpreise für eine in Zürich angebotene Mietwohnung liegen gemäss Immo-Monitoring von Wüest Partner gegenwärtig bei 410 CHF pro Jahr (Median). Umgerechnet ergibt das für eine Wohnung von 100 qm einen Nettomietzins von mehr als 3400 CHF pro Monat. Nimmt man die in der Schweiz anerkannte Faustregel zu Hilfe, dass ein Mieterhaushalt nicht mehr als ein Drittel des verfügbaren Bruttoeinkommens fürs Wohnen (inklusive Nebenkosten) ausgeben sollte, erfordert eine solche Nettomiete unter der Annahme einer Nebenkostenquote von 10% ein Bruttoeinkommen von mehr als 11 000 CHF pro Monat oder mehr als 130 000 CHF pro Jahr.
Doch nicht nur Zürich ist ein teures Pflaster geworden, auch in den anderen Schweizer Grosszentren haben die mittleren Angebotsmieten inzwischen ein erhebliches Niveau erreicht. In Genf liegen sie mit 400 CHF pro qm und Jahr im Mittel praktisch gleich hoch wie in Zürich, gefolgt von 290 CHF in Lausanne, 260 CHF in Bern und 250 CHF in Basel (jeweils pro qm und Jahr, siehe Abbildung 1).
Rückläufige Nachfrage
Die Nachfrage nach Mietwohnungen in der Schweiz – gemessen an der Zahl Suchabos – korreliert recht gut mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Der gesamtschweizerische Nachfrageindex für Mietwohnungen hat deshalb in den vergangenen drei Jahren keine grossen Sprünge gemacht. Er bewegte sich innerhalb einer Schwankungsbreite von plus/ minus 10 Prozentpunkten des Ausgangsniveaus im Juli 2021 und liegt heute praktisch auf demselben Stand wie vor 36 Monaten.
Ganz anders sieht es mit der Entwicklung der Mietwohnungsnachfrage in den Grossstädten aus. In Zürich und Genf, wo die Angebotspreise die höchsten Niveaus erreichen, zeigen die regionalen Indizes der Mietwohnungsnachfrage deutlich nach unten. In beiden MS-Regionen* liegt die Mietwohnungsnachfrage inzwischen rund ein Viertel tiefer als noch vor drei Jahren. Ähnliches gilt, wenn auch in abgeschwächtem Mass, für die Mietwohnungsnachfrage in Lausanne und Bern. Einzig in Basel, der gemäss Wüest Partner für die Mieter günstigsten der Grossstädte, hat sich die Mietwohnungsnachfrage im schweizerischen Vergleich leicht überdurchschnittlich entwickelt.
Erklärbare Absenz
Auch wenn die hohen Mietpreise im Angebot mit eine Folge der Attraktivität der Grossstädte und einer entsprechenden Nachfrage nach Mietwohnungen sind, wird aus der Betrachtung der Nachfrageentwicklung ersichtlich, dass sich die Preisspirale selbst in den attraktivsten aller Grosszentren nicht ins Unendliche drehen wird. Ganz abgesehen davon, welche politischen Folgen die gegenwärtige Unterversorgung der Grossstädte mit Mietwohnungen bereits hat und noch haben könnte, werden die Preissteigerungen nur schon dadurch beschränkt, dass die Nachfrage nicht konstant, sondern preiselastisch ist. Die traditionelle Nachfragekurve der Ökonomie zeigt also auch im Mietwohnungsmarkt von links oben nach rechts unten. Will heissen: Je höher die Mietwohnungspreise im Angebot, desto häufiger wenden sich die Suchenden von Hochpreisregionen ab und versuchen ihr Glück anderswo.
Tiefere Preise in Sicht?
Davon, dass die sinkende Nachfrage zu günstigeren Mieten im grossstädtischen Angebot führen könnte, sind wir allerdings noch ein ganzes Stück entfernt. Statt der üblichen 40 Haushalte bewerben sich heute einfach nur noch 30 auf eine Mietwohnung in Genf oder Zürich. Die übrigen weichen in günstigere Mietwohnungsmärkte aus, mit der Folge, dass die Angebotsmietpreise inzwischen in vielen Regionen der Schweiz im Steigen begriffen sind. Zudem dürften auch die Mietwohnungsleerstände in den vergangenen zwölf Monaten vielerorts weiter zurückgegangen sein. Die genauen Zahlen dazu werden vom Bundesamt für Statistik voraussichtlich im September veröffentlicht.